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Konzeptpapier für Glasfaser-Migration und Digitalisierung - Teil 6

Konzeptpapier für Glasfaser-Migration und Digitalisierung - Teil 6

Veröffentlicht am 07.08.2017

6.   Neue Ansätze für nachhaltige Förderung

Zwar soll der Fokus richtigerweise auf der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes liegen. Da aber die Minimalanforderungen für die Grundversorgung niedrig sind, erhält die Deckungslücke eine dominante Bedeutung. Nachhaltige Lösungen können bei der Errichtung höhere Investitionen bedingen, z.B. wenn Tiefbauarbeiten zur Verlegung von Glasfasertrassen erforderlich sind. Grenzwerte der Förderfähigkeit („Aufgreifschwellen“) bedingen Unzufriedenheit und erzeugen das Gefühl der Ungerechtigkeit in Nachbar-Ortsteilen, deren Versorgung leicht oberhalb der Aufgreifschwelle liegt. Mit Grenzwerten für die Versorgung bleibt die Förderung eine eher punktuell als flächig wirkende Maßnahme und löst nicht die Anforderungen an einen nachhaltigen und zukunftssicheren Ausbau. Sinnvoller wäre eine Zieldefinition in Richtung eines längerfristig flächendeckenden Ausbaus mit Glasfaser-Hausanschlüssen.

Die Ausgestaltung neuer Förderprogramme für den Bau von Glasfaser-Anschlussnetze ist ein wichtiger Baustein zur nachhaltigen Verankerung des Infrastrukturausbaus in der Fläche. Das im Oktober 2015 vorgestellte Bundesförderprogramm ermöglicht zwar ausdrücklich den Bau von FttB-Anschlussnetzen, allerdings nur für die 2015 ca. 25% der Anschlüsse mit < 30 Mbit/s. Der zukünftige Einsatz von Fördermitteln sollte selbstverständlich nur noch für den Ausbau von Glasfaser-Anschlussnetzen eingesetzt werden. Die Durchführung der Projekte für die Stellung eines Förderantrags ist aufwändig und überfordert oft die Verwaltungen, die bislang keine Zuständigkeit für Breitbandinfrastrukturen haben und daher auch kein Personal. So werden oft zusätzlich externe Berater benötigt, deren Kosten teilweise über einen Förderantrag gefördert werden können (z.B. Beratungsförderung beim Bundesförderprogramm).

Die Möglichkeit zur finanziellen Förderung des Breitbandausbaus hat vielen Kommunen in den letzten Jahren geholfen, trotz knapper Haushalte einen Breitbandausbau umzusetzen. Trotzdem hinterlassen die verschiedenen Förderprogramme einen nur bedingt positiven Eindruck. Die Gründe sind mannigfaltig und je nach regionalen Gegebenheiten unterschiedlich. Wie bei anderen Förderprogrammen konnte man den subjektiven Eindruck gewinnen, dass Angebote mit Deckungslücke eher etwas teurer kalkuliert werden als ohne eine Förderunterstützung. Eine richtige Kostentransparenz ist eigentlich nie gegeben und die für ein Ausbauvorhaben vorgelegten Finanzkennzahlen können kaum verifiziert werden. Von Netzbetreibern vorgelegte Kalkulationen und Finanzierungspläne haben den Charakter von Nebelkerzen. Neben dieser allgemeinen Problematik gibt es spezifische Kritikpunkte, die nicht unbedingt durch die Fördergeber in den Bundesländern bedingt sind, sondern eine Folge von EU-Vorgaben, z.B. aus dem Beihilferecht. Trotzdem können diese Aspekte Auswirkungen für ein spezifisches Ausbauvorhaben bedeuten.
 

6.1.  Förderprogramme für Gewerbegebiete und Schulen

Für spezielle Situationen erscheint auch zukünftig eine Förderung sinnvoll, da die Zeiträume für eine Migration unter Nutzung von Synergien zu lange dauern. Einerseits sind dies die Gewerbegebiete, für die der Bund Anfang 2017 ein Sonderprogramm aufgelegt hat, mit dem die unterversorgten Teile von Gewerbegebieten mit Glasfaser versorgt werden können. Die Forderung nach Gigabit-Anschlüssen ist hier konsequent und sinnvoll. Selbst wenn nur kleine Teile von Gewerbegebieten unterversorgt sind, kann mithilfe dieser Fördermittel die Glasfaser durch das Gewerbegebiet geführt werden. Andere, nicht im Ausbaugebiet liegende Betriebe können später mit niedrigeren Baukostenzuschüssen angeschlossen werden. Die zunächst unverständlich und wirklichkeitsfern geforderten Auflagen sind inzwischen aufgehoben worden, so dass dieses Programm mittlerweile sehr gut geeignet ist. Zu beanstanden sind zwar auch hier die nicht mehr zeitgemäße Aufgreifschwelle von 30 Mbit/s, hier ist zu hoffen, dass dieser Wert bei der EU in nächster Zeit angehoben wird.

Schulen konnten bislang kaum von Förderangeboten für den Breitbandausbau profitieren, da sich die meisten Schulen in Wohngebieten mit einer Internetversorgung von mehr als 30 Mbit/s befinden. In den Anträgen zum Bundesförderprogramm sind daher bislang nur wenige Schulen enthalten. Erst im Juli 2017 hat man die Definition der Aufgreifschwelle für Schulen im Rahmen des Bundesförderprogrammes derart modifiziert, dass die 30 Mbit/s Grenze je Klasse und der Verwaltung gerechnet wird. Eine Schule mit 20 Klassen ist danach mit einer Versorgung von weniger als 630 Mbit/s unterversorgt und förderfähig. Nur die gut 10% aller Klassen, die bereits mit Glasfaser angebunden sind, fallen aus der Förderung heraus. Da die Förderung der Schulanbindung bislang nicht als Sonderprogramm ausgelegt ist, kann eine Förderung nur im Zuge eines Antrags zum Bundesförderprogramm mit beantragt werden. Auch kann eine nachträgliche Integration in einen Förderprozess problematisch sein, da der Leistungsgegenstand eines formalen Ausschreibungsverfahrens nicht einfach verändert werden kann. Hier bleibt zu hoffen, dass man ein ähnliches Konstrukt schafft wie das Sonderprogramm für Gewerbegebiete.

Die Sinnhaftigkeit von Förderung von dünn besiedelten Außenlagen ist zumindest im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der erforderlichen hohen Deckungslücken zweifelhaft. Dünne Siedlungsdichte und lange Anlaufwege sorgen nicht selten von Deckungslücken in Höhe von über € 10.000 je Anschluss. Hier wäre zu prüfen, ob ab einer noch festzulegenden Anschlusslänge ein Baukostenzuschuss (oder eine Kostenübernahme)  vom Grundstückseigentümer gefordert werden kann. In der Regel sind die Grundstückspreise in diesen Lagen entsprechend günstiger als in den Siedlungskernen. In Skandinavien werden teilweise die letzten 2 Kilometer auf Kosten des Grundstückseigentümers gebaut. Dafür sind aber auch Freileitungen eine gängige und kostengünstige Verlegemethode.

Finanzierungsangeboten der Landesinvestitionsbanken an Kommunen und kommunale Institutionen sollten mit einer Landesbürgschaft verbunden sein, damit auch finanzielle schwächere Kommunen eigene Aktivitäten für den langfristigen Aufbau von neuen Anschlussnetzen aufnehmen können.

 

6.2.  Breitbandkoordinatoren sind zwingend erforderlich

Anstatt einzelne Netzbetreiber mit verlorenen Zuschüssen zur Deckung einer Wirtschaftlichkeitslücke zu unterstützen, sollten öffentliche Fördermittel für Nachhaltigkeit beim Infrastrukturausbau eingesetzt werden. Ein Erfolgsfaktor hierfür ist die langfristige Verankerung der Zuständigkeit für Breitbandinfrastrukturen bei Kreis- und Kommunalverwaltungen und die Einrichtung von Breitbandbeauftragten zur dauerhaften Koordination und Steuerung der regionalen Ausbauaktivitäten. Dabei muss nicht in jeder Kommune ein Breitbandbeauftragter eingesetzt werden, interkommunale oder kreisweite Lösungen sind ebenfalls geeignet. Die Förderung der Personalkosten für einen begrenzten Zeitraum, wie er z.B. in NRW für Kreise und kreisfreie Städte angeboten wird, ist ein sinnvoller du erfolgversprechender Schritt. Die „Enabling“-Richtlinie oder „Richtlinie des Landes NRW über die Gewährung von Zuwendungen an Kreise und kreisfreie Städte für die Breitbandkoordination und für die Erstellung von Next Generation Access-Entwicklungskonzepten“ vom Juni 2016 wurde bis Mitte 2017 von einer überwiegenden Mehrheit der Gebietskörperschaften in NRW genutzt und dürfte die Entwicklung des Breitbandausbaus maßgeblich voranbringen.

Neben den Breitbandkoordinatoren sind die Bürgerinitiativen ein Erfolgsfaktor für die Umsetzung des privatwirtschaftlichen Ausbaus in Verbindung mit einer vorgelagerten Nachfragebündelung. Bürgerinitiativen geben ihren Mitbürgern Informationen, beantworten Fragen und klären auf über Voraussetzungen und Randbedingungen für einen Umstieg auf einen Glasfaser-Hausanschluss. Neben dem Einsatz der eigenen Zeit fallen auch bei Bürgerinitiativen Kosten an, z.B. zur Anmietung von Räumlichkeiten, die Durchführung von Veranstaltungen, den Druck und die Verteilung von Flyern und Prospekten, die Erstellung einer Web-Präsenz etc. Da die Bürgerinitiativen beim privatwirtschaftlichen Ausbau eine wichtige Rolle übernehmen können und die Gewährung von finanziellen Zuwendungen an Netzbetreiber zur Schließung einer Deckungslücke vermeiden können, könnte mit einer begrenzten pauschalen finanziellen Unterstützung zur Deckung der externen Kosten einer Bürgerinitiative ein Anreiz für die ehrenamtliche Arbeit geschaffen werden.

 

6.3.  Förderung der Erstellung von Netzplänen

Vorrang vor der Gewährung von verlorenen Zuschüssen als Zuwendungen an Netzbetreiber sollte der eigene Aufbau von Infrastrukturen durch die Gebietskörperschaften haben. Stimulieren ließe sich ein solches Vorgehen durch Förderung der einmaligen Erstellung von Netzplanungen, die als Voraussetzung für die Nutzung von Synergien mit Tiefbaumaßnahmen vorhanden sein müssen. Zunächst sind aber ein fundiertes Geschäftskonzept zu erstellen und ein Betreiber der entstehenden Infrastruktur zu identifizieren. Auf diesem Wege kann selbst in Regionen, in denen sich z.B. im Rahmen einer Konzessionsausschreibung kein privatwirtschaftlicher Anbieter bewirbt, ein Ausbau durch kommunale Institutionen erfolgen.

Langfristige Zukunftssicherheit bei weiter stark steigenden Datenvolumina schaffen nur Glasfaser-Anschlussnetze. Aufgrund der hohen Investitionskosten wirkt die Nutzung anderer Tiefbaumaßnahmen in hohem Maße kostensenkend. Die Nutzung von Synergien mit anderen Tiefbaumaßnahmen führt allerdings zu langen Zeiträumen für die Realisierung. Regionale Infrastruktur-Betreiber wie z.B. Stadtwerke oder Zweckverbände könnten den Aufbau neuer Anschlussnetze übernehmen und dabei die gewohnt langen Amortisationszeiten für Versorgungsleitungen auch für Breitband-Anschlussnetze nutzen. Die Nutzung von Synergien mit anderen Tiefbaumaßnahmen setzt die Erstellung eines detaillierten Netzplans mit Trassenverläufen, Standorten für Glasfaser-Knoten, Schächten, Muffen und Anbindung an ein Backbone-Netz („Masterplan“) voraus. Anhand des Plans kann der Breitbandbeauftragte oder der Infrastrukturbetreiber entscheiden, ob und wie eine konkrete Tiefbaumaßnahme zur Netzerweiterung genutzt kann und welche Leerrohr-Systeme (z.B. Micro-Ducts) eingesetzt werden. Da die Kosten für die Erstellung eines flächendeckenden Netzplans nicht unerheblich sind, stellen diese für Kreise und Kommunen eine Hemmschwelle darstellen. Für diese Maßnahme könnte eine anteilige Kostenübernahme im Rahmen eines Förderprogramms Barrieren senken und eine höhere Bereitschaft schaffen, den Aufbau nachhaltiger Glasfaser-Anschlussnetze aktiv voranzutreiben. In diesem Fall sollte aber vor Bewilligung von Fördermitteln ein schlüssiges Geschäftsmodell vorliegen und ein Betreiber der passiven Anschluss-Infrastruktur identifiziert worden sein.

Alternativ zur Gewährung einer Förderung für eine technische Netzplanung ist die Förderung der Personalkosten für die Einstellung eines Netzplanungs-Ingenieurs nach dem Vorbild der in NRW erfolgenden Förderung der Kosten eines Breitbandkoordinators auf Basis der „Enabling-Richtlinie“ des Landes erwägenswert. Da sich der Netzausbau unter Nutzung von Synergien mit anderen Tiefbaumaßnahmen über eine längeren Zeitraum erstreckt, kann die Netzplanung in Phasen durchgeführt werden, beginnend mit einer übergreifenden Trassenplanung, der Festlegung von Punkten für die Backbone-Anbindung und für Standorte der Netzknoten. Je konkreter eine Baumaßnahme ansteht, umso detaillierter muss die Netzplanung entlang der definierten Trassen erfolgen. Dabei ist die Position des Leerrohrbündels im Straßenraum, die Platzierung von Abzweigungen, Schächten und Muffen festzulegen. Schließlich ist eine für das ausführende Tiefbauunternehmen nutzbare Ausführungsplanung erforderlich. Der Aufbau eigener Planungskapazität in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt kann helfen, externe Kosten zu sparen und mit höherer Flexibilität auf Änderungsbedarf zu reagieren. Die Kosten für eine anteilige Förderung der Personalkosten über einen Zeitraum von beispielsweise drei Jahren dürften niedriger ausfallen als Förderprogramme zum Ausgleich einer Deckungslücke.

Sofern bereits ein privatwirtschaftlich aufgestellter Infrastrukturbetreiber tätig geworden ist oder für die Übernahme der Aufgabe gewonnen wurde, kann die Erstellung eines Netzplans durch diesen erfolgen. Um den Einsatz öffentlicher (Förder)-Mittel niedrig zu halten, kann vor Beauftragung einer Netzplanung nach einem privatwirtschaftlichen Infrastruktur-Betreiber gesucht werden. Unter Umständen kann der Betrieb eines Glasfaser-Anschlussnetzes in einer Region mit Auflagen langfristig in Form einer Konzession ausgeschrieben und vergeben werden, so dass Unternehmen einen Anreiz und Planungssicherheit erhalten. Die Einsetzung von Breitbandbeauftragten und die Erstellung von Netz-Plänen für ein Anschlussnetz gehören eng zusammen und können im Verbund für die betreffende Region nachhaltige Zukunftssicherheit auf einer finanzierbaren Basis ermöglichen.

 

6.4.  Förderung des Mehraufwands für die Mitverlegung

Sofern für eine Gebietskörperschaft ein Netzplan für ein Glasfaser-Anschlussnetz vorliegt und ein Infrastrukturbetreiber für das entstehende passive Leerrohrnetz gefunden wurde, können eigene Tiefbauplanungen und Anfragen zu Aufbruch-Genehmigungen genutzt werden, um zu prüfen, ob die Trassenführung geeignet ist und dann das laut Masterplan erforderliche Micro-Duct-Bündel mit verlegen. Die rechtliche Grundlage für die Mitverlegung schafft das im November 2016 in Kraft getretene DigiNetzGesetz mit seinen recht komplizierten und noch nicht praxisgerechten Regelungen.

Die Mitverlegung von Leerrohrbündeln ist in der Regel mit der Übernahme von anteiligen Tiefbaukosten verbunden, zudem fallen Kosten an für Schächte, für Material, das Handling beim Verlegen sowie für die genaue Dokumentation der verlegten Infrastrukturen. Für diese Kosten kann erst später bei steigendem Bedarf oder bei Fertigstellung eines Anschlussnetzes ein Mieter gesucht werden, der das aktive Netz betreibt. Daher müssen die Gebietskörperschaften die Investitionen zunächst über einen längeren Zeitraum vorstrecken. Um die öffentlichen Haushalte zu entlasten, könnte eine anteilige Förderung dieser Kosten einen Anreiz schaffen zum Aufbau der notwendigen Infrastrukturen. Eine solche Förderung ist auch in Verbindung mit der Förderung der  Aufstellung von Netzplänen immer noch erheblich günstiger als die Förderung von Deckungslücken der Netzbetreiber nach dem Vorbild des bis 2018 laufenden Bundesförderprogramms.

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