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Das Dilemma der Breitbandförderung

Das Dilemma der Breitbandförderung

Veröffentlicht am 01.06.2020

Der Ausbau von Glasfasernetzen hinkt in Deutschland anderen Ländern hinterher, der Ausbau dauert zu lange ist teuer. Verdrängt der gefördete Ausbau der Glasfaser-Anschlussnetze den eigenwirtschaftlichen Ausbau? Wird der Ausbau mit Einsatz von Fördermitteln teurer als der privatwirtschaftliche? Gibt es realistische Alternativen? Der folgende Text versucht eine Abwägung zu diesen Fragen.

Zusammenfassend kann man konstatieren, dass eine flächendeckende Gigabit-Fähigkeit in Deutschland bis 2028 erreichbar sein sollte, es bis zu einer Flächendeckung mit Glasfaser-Anschlüssen aber deutlich länger dauern dürfte und von der Entwicklung des Wettbewerbs und der Nachfrage in den Kabelnetz-Gebieten abhängt. Auch zukünftig sollte der eigenwirtschaftliche Ausbau grundsätzlich im Vordergrund stehen, für einen Verzicht auf den Einsatz von Fördermitteln sehe ich aber mittelfristig keine Chancen!

In Deutschland haben große Netzbetreiber lange auf die Ertüchtigung ihre Kupfer-Doppelader-Anschlussnetze gesetzt, so dass die Durchdringung mit Glasfaser-Hausanschlüssen im internationalen Vergleich immer noch schwach ist. Für jeden neuen Glasfaser-Anschluss müssen in der Regel mit Tiefbau-Maßnahmen Leerrohre bis zur Grundstücksgrenze verlegt werden und dies ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch teuer. Je besser die heutige Versorgung am Hausanschluss ist, desto geringer ist meist die Wechselbereitschaft. Für Netzbetreiber ist der Ausbau der Glasfasernetze daher eine wirtschaftliche Herausforderung.

Da sich der flächendeckende Ausbau lange hinzieht und wirtschaftlich unattraktivere Gebiete u.U. erst spät versorgt werden, soll mit öffentlichen Fördermitteln Abhilfe geschaffen werden, die in Deutschland seit ca. 2008 eingesetzt werden, um unterversorgte Gebiete auszubauen. Die Definition von Unterversorgung ist dabei mehrfach angehoben worden, von zunächst 1 Mbit/s über 16 auf derzeit 30 Mbit/s.

Traditionell erfolgt der Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Deutschland durch eigenwirtschaftlichen Ausbau der Telekommunikationsunternehmen. Auch in Förderverfahren hat der eigenwirtschaftliche Ausbau nach wie vor Priorität und vor der Stellung eines Förderantrags ist zu prüfen, ob nicht doch ein Unternehmen aus eigenem Antrieb und mit eigenen Mitteln innerhalb der nächsten 36 Monate einen Ausbau vornehmen will. Entsprechende Gebiete werden dann aus einem Förderantrag herausgenommen. Sofern alles richtig und vollständig gemeldet wird, bleibt das Prinzip gewahrt.

Allerdings dauert die Antragerstellung und Prüfung bis zum vorläufigen Förderbescheid und die Durchführung einer europäischen i.d.R. mehrstufigen Ausschreibung mit Nachverhandlungen durchaus mal 2 bis 3 Jahre. Aufgrund der derzeit zahlreichen parallellaufenden Verfahren sind sowohl Netzplanungs- als auch Ausbau-Kapazitäten mittlerweile knapp. Die Feinplanung für den Ausbau und die eigentlichen Umsetzungsarbeiten liegen daher noch mal bei 3 bis 5 Jahren. Im Hinblick auf die zum Teil langen neu zu verlegenden Trassen ist dies grundsätzlich nicht verwunderlich.

Für den grundsätzlich dynamischen und wettbewerbsgeprägten Breitbandmarkt sind Gesamtlaufzeiten von 5 bis 8 Jahren eine lange Zeit und eine Dauer von „nur“ 5 Jahren dürfte zu den Ausnahmen gehören. In der Zwischenzeit können sich Wettbewerbsbedingungen verändern, andere Tiefbaumaßnahmen eine Mitverlegung eröffnen oder alternative Verlegmethoden den Ausbau beschleunigen, Bürgerinitiativen können auf eigenen Antrieb Nachfragebündelungen m it einem anderen Netzbetreiber durchführen, weil sie nicht so lange warten wollen, oder andere Gegebenheiten treten ein.

Bei einem zwischenzeitlichen eigenwirtschaftlichen Ausbau in Fördergebieten kann eine Anpassung erforderlich werden, Vorhaben können billiger oder teurer werden, der zwischenzeitlich förderfähige Ausbau von Schulen und Gewerbegebieten kann die Wirtschaftlichkeit verändern. In der Konsequenz sind die im Kooperationsvertrag ursprünglich getroffenen Vereinbarungen möglicherweise nicht mehr gegeben und es werden Anpassungen erforderlich. So ist durchaus nachvollziehbar, dass es in einigen Ausschreibungen keine Angebote gibt und bereit zugesagte Fördermittel zurückgegeben werden. Nicht nur für die antragstellenden Kommunen ist ein Förderverfahren aufwändig, auch die Netzbetreiber müssen komplexe Planungen und Berechnungen anstellen, um ein Angebot abgeben zu können.

Im Hinblick auf die langjährigen Verfahren kann der durch die Bindung von Ressourcen der Handlungsspielraum für den eigenwirtschaftlichen Ausbau deutlich eingeschränkt werden, zugesagte und vertraglich vereinbarte Maßnahmen müssen schließlich eingehalten werden. Gleichzeitig kann sich kaum ein Anbieter erlauben auf Ausschreibungen für größere Flächen nicht zu reagieren, da bis auf wenige Gebiete wohl nur ein Glasfaser-Anschlussnetz errichtet und betrieben wird. Wer nicht gewinnt, verliert das Gebiet an den Wettbewerb. Durch diese Mechanismen könnte sich Marktgeschehen vom eigenwirtschaftlich geprägten Ausbau hin zu einem durch Förderverfahren dominierten Geschehen verschieben. Ausnahmen dürften dann nur in den längerfristig nicht förderfähigen Gebieten verbleiben, z.B. den Gegenden mit einem gut ausgebauten Kabelnetz. Da in diesen Gebieten aber bereits heute Downstream-Geschwindigkeiten bis zu 1 Gbit/s erreichbar sind, dürfte das wirtschaftliche Risiko für ein mit Glasfaser überbauendes Unternehmen bis auf Weiteres hoch sein.

Eine Verschiebung von eigenwirtschaftlich getriebenem hin zu einem von Fördermitteln bestimmten Ausbau dürfte mit einem höheren Bedarf an Fördermitteln verbunden sein, letztlich handelt es sich dabei natürlich um Steuergelder. Man kann einwenden, dass während der langen Projektlaufzeiten vermutlich auch ein (teilweiser) eigenwirtschaftlicher Ausbau erfolgen könnte. Unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation zwischen national, regional und lokal agierenden Unternehmen ist dies durchaus wahrscheinlich. Aber es gibt eben auch keine Garantie und keine Kommune kann mit der Unsicherheit leben, dass möglicherweise auch in 8 Jahren noch eine größere oder auch nur kleinere Zahl von Betrieben oder Haushalten keinen gigabitfähigen Anschluss erhalten können.

Da das Zeitfenster für eine öffentliche Infrastruktur-Gesellschaft zur Errichtung von Glasfaser-Anschlussnetzen längst verstrichen ist und auch vor Jahren vermutlich keine Mehrheit gefunden hätte, bleiben eigentlich keine Alternativen zum Einsatz von Fördermitteln, um auch in dünn besiedelten ländlichen Regionen mit einiger Sicherheit eine Glasfaser-Versorgung zu erreichen.

Wenn man dabei dem eigenwirtschaftlichen Ausbau weiterhin genügend Spielraum einräumt und vielleicht vor (oder begleitend) zu einem Markterkundungsverfahren eine Nachfragebündelung vornimmt, könnte dies den Zeitablauf vordergründig vielleicht um weitere 6 Monate verlängern. Insgesamt könnte es aber für die erfolgreichen Gebiete zu einer schnelleren Umsetzung und einem niedrigeren Einsatz von Steuergeldern führen. Und selbst in dem Fall, dass eine Nachfragebündelung nicht erfolgreich ist, verlängert sich die Zeit auch um nicht mehr als 10%. Eine flächendeckende Gigabit-Fähigkeit sollte in Deutschland aber bis 2028 erreichbar sein, die Dauer bis zu einer Flächendeckung mit Glasfaser-Anschlüssen dürfte deutlich länger dauern und von der Entwicklung des Wettbewerbs und der Nachfrage in den Kabelnetz-Gebieten abhängen.

Auch zukünftig sollte der eigenwirtschaftliche Ausbau im Vordergrund stehen, für einen Verzicht auf den Einsatz von Fördermitteln sehe ich aber mittelfristig keine Chancen!

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